Dirigenten und Dirigentinnen – Scheinselbstständige?

Einstufung von Dirigenten und Dirigentinnen als
Scheinselbstständige von der Deutschen Rentenversicherung zurückgenommen
Seit diesem Sommer wurde die Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände e.V. vermehrt mit der Thematik bzgl. der Einstufung von Dirigent*innen als Scheinselbstständige konfrontiert. Auslöser war ein Statusfeststellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung, welches klären soll, ob ein Dirigent eines Musikvereines als unabhängiger Beschäftigter oder als abhängiger Beschäftigter zu bewerten ist. Der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände e.V. Paul Lehrieder MdB befürchtete dadurch einen Präzedenzfall mit weitreichenden Folgen für die Vereinslandschaft: „Wenn Dirigenten nicht mehr als Selbstständige gewertet werden, müssen Musikvereine hinsichtlich der Dirigenten in Zukunft als vollwertiger Arbeitgeber und nicht mehr als Auftraggeber agieren. Für die meist ehrenamtlich geführten Vereine wäre dies nicht nur eine zusätzliche administrative Herausforderung, sondern es würde auch eine enorme Kostensteigerung bedeuten.“
Am 9. September fand hierzu ein Gespräch mit der Deutschen Rentenversicherung in Berlin statt, bei dem auch BMCO-Präsident Benjamin Strasser MdB das Anliegen der BDMV e.V. unterstützt hatte. Nachdem die DRV dabei deutlich gemacht hat, dass Sie sich hierbei auf keinerlei Zugeständnisse oder Vereinfachung einlassen und ihre Prüfkriterien nicht anpassen wird, machte die BDMV e.V. dies zu ihrem aktuell drängendsten politischen Thema.
Dank der Initiative der BDMV e.V. und der anwaltlichen Vertretung von Herrn Jakob Molitor wurde heute in einem der beiden aktuell laufenden Verfahren der Statusfeststellungsbescheid nun von der Deutschen Rentenversicherung zurückgenommen.
Es wurde rückwirkend zum Jahresbeginn festgestellt, dass aufgrund der Beschäftigung keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
Folgende Merkmale für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit wurden in dem Aufhebungsbescheid aufgeführt:
• nach dem Willen der Beteiligten sollte eine selbständige Lehrtätigkeit vereinbart werden
• der Auftragnehmer unterliegt keinem Weisungs- und Direktionsrecht und ist bei der Ausübung seiner Tätigkeit frei und nicht in die Arbeitsorganisation des Musikvereins eingebunden
• der Auftragnehmer kann in bestimmten Verhinderungsfällen auf eigene Kosten einen entsprechend qualifizierten Vertreter einsetzen
• der Auftragnehmer unterliegt keiner Ausschließlichkeitsbindung/keinem Wettbewerbsverbot
• der Auftragnehmer ist verpflichtet, eigenständig und eigenverantwortlich für die Abführung der ihn betreffenden Steuern zu sorgen
• in der inhaltlichen und methodisch-didaktischen Gestaltung der Unterrichtsstunden ist der Auftragnehmer völlig frei und unabhängig und hat insoweit auch keinen etwaigen Anweisungen des Musikvereins Folge zu leisten
• der Unterrichtsort, der Wochentag und die Uhrzeit des Unterrichts für den
jeweiligen Schüler wird vom Auftragnehmer zu Schuljahresbeginn unter Beachtung der Belegungsmöglichkeit der Probenräume festgelegt
• eine Honorarzahlung (Pauschale abhängig von der Schülerzahl und der Unterrichtsdauer) erfolgt grundsätzlich nur bei Leistungserbringung durch den Auftraggeber, ausgefallener Unterricht ist nachzuholen, ansonsten erfolgt eine entsprechende Honorarkürzung
• es sind keine Nebenpflichten zu erfüllen
BDMV-Präsident Paul Lehrieder MdB war hier von Beginn an auch auf politischer Ebene aktiv: „Eine solche pauschale Einstufung von Dirigenten hätte das Vereinsleben maßhaltig geschädigt. Wir freuen uns, durch diesen Bescheid nicht nur dem betroffenen Musikverein die Weiterbeschäftigung des Dirigenten ermöglicht zu haben, sondern auch eine weitere bürokratische Hürde für die gesamte Vereinslandschaft abgewendet zu haben“.
Foto:
lehrieder_1180_TobiasKoch: Paul Lehrieder © Tobias Koch